Mali
Vortrag von Mjr Thomas Lampersberger am 10.09.2013
Vor einiger Zeit war über den Versuch der Machtübernahme durch Islamisten in Mali mehrmals in unseren Medien zu hören. Inzwischen ist es in unserer Medienlandschaft zu diesem Thema wieder still geworden, obwohl einige österreichische Soldaten dort in der Sanitätsversorgung eingesetzt sind. – Und beinahe wäre auch der Vortragende dort eingesetzt worden.
Daher hat sich Mjr Thomas Lampersberger mit Mali auseinandergesetzt und eine Fülle an Informationen zusammengetragen. Diese Informationen hat er zu einem äußerst interessanten und fundierten Vortrag über Mali und die dortige aktuelle Situation zusammengestellt.
Kurze landeskundliche Einführung:
Mali ist ein Binnenstaat im Nordwesten Afrikas mit einer Fläche von 1,2 Mio km2 und 14 MIO Einwohnern. Die Lebensader des Landes ist der im Süden gelegene Fluss Niger, der auf ca. 4 % der Staatsfläche Landwirtschaft ermöglicht. Der Nordteil des Landes liegt in der Sahara. Es gibt eine multiethnische Bevölkerung, im Wesentlichen bestehend aus Schwarzafrikanern im Süden, die als sesshafte Bauern leben, und Berbern (Tuareg), die als halb-nomadische Viehzüchter den Norden bewohnen. Der Lebensraum der Tuareg achtet nicht die bestehenden Staatsgrenzen und umfasst auch Gebiete in Lybien, Algerien und Niger. Der Norden bzw. Nordosten Malis wird als Azawad bezeichnet. Die vorherrschende Religion ist ein gemäßigter Islam. Das Land ist reich an Bodenschätzen (Gold, Uran, Bauxit, Mangan, Phosphat, Öl), die von ausländischen Firmen ausgebeutet werden; die Erträge kommen der breiten Bevölkerung kaum zugute.
Die Hintergründe des Konflikts:
Bis 1960 war Mali französische Kolonie. Der Konflikt zwischen den Tuareg und den schwarzafrikanischen Volksgruppen hat eine lange Tradition. Dem aktuellen Konflikt gingen nach der Unabhängigkeit ein erster Tuaregaufstand von 1962 – 1964, ein Bürgerkrieg von 1990 – 1996 und ein zweiter Tuaregaufstand von 2006 – 2007 voraus. Der jüngste Aufstand der Tuaregbewegung MNLA begann im Januar 2012; getragen wurde er von Tuareg Söldnern, die in Lybien für das Regime von Gadadffi gekämpft hatten und die nach dem Ende der Kämpfe in Lybien mit großen Mengen von Waffen in den Norden Malis einströmten. Ziel des Aufstands war die Unabhängigkeit des Azawad, die bereits im April 2012 erklärt wurde. Als weitere, neue und kritische Konfliktpartner erwiesen sich islamistische Gruppen (Ansar Dine, AQMI, MUJAO), die zwar nur jeweils aus einigen 100 Kämpfern bestanden, die aber versuchten, den Azawad gegen den Widerstand der MNLA in einen islamistischen Staat nach den Gesetzen der Scharia umzuwandeln. Erst diese gewaltsame, radikale Islamisierung führte zu großen Flüchtlingsbewegungen und erst die Islamisten versuchten, in den Süden von Mali vorzustoßen und auch dort die Regierung zu stürzen. Dieser islamistische Angriff aus dem Norden führte
schließlich zu einem Hilfsansuchen der malischen Regierung an Frankreich und löste die internationale Intervention aus.
Die Operation Serval:
Als sich in der zweiten Jahreshälfte 2012 die militärische Lage für die malische Armee zunehmend verschlechterte
und ein Durchmarsch der Islamisten in die Hauptstadt Bamako drohte, entschloss sich Frankreich, der malischen Regierung im Rahmen der Operation Serval (eine afrikanische Raubkatze) zu Hilfe zu kommen. Ziele der Operation waren, den islamistischen Vorstoß zu stoppen, die ca. 6000 französischen Staatsbürger in Bamako zu schützen und Mali als Staat zu stabilisieren. Die Operation begann Anfang Januar 2013 und wurde von französischen Stützpunkten im Senegal, in der Elfenbeinküste, in Gabun und im Tschad unterstützt. Innerhalb weniger Wochen konnte der Vorstoß der Islamisten gestoppt werden und wichtige Städte im Norden wie Gao und vor allem Timbuktu wurden zurückerobert. Anschließend stieß die Serval Brigade weiter in den Norden vor, um die Rebellen zu entwaffnen und ihnen Rückzugsräume zu nehmen. Die gesamte Operation wurde gemeinsam von malischen und französischen Kräften durchgeführt, die zunehmend auch durch Truppen anderer westafrikanischer Staaten unterstützt wurden. Insgesamt waren ca. 4000 Mann im Einsatz, Frankreich hatte 7 Gefallene zu beklagen.
AFISDMA / MINUSMA:
Bereits während er aktiven Kämpfe hatten westafrikanische Staaten im Rahmen der Operation AFISMA zunehmend Kontingente gestellt. Im April 2013 beschloss die UN eine Stabilisierungsmission und die internationalen Truppen wurde für die Operation MINUSMA der UN unterstellt. Sollstärke der Mission sind 12 600 Mann, davon 1400 Polizisten; tatsächlich stehen nur 5500 Soldaten und ca. 800 Polizisten zur Verfügung. Ziel der Mission ist die politische Stabilisierung des Landes und die Absicherung des
staatlichen Aufbaus.
EUTM:
Die EUTM ist eine militärische Ausbildungsmission der EU, die im Januar 2013 beschlossen wurde. Sie soll innerhalb von 15 Mon 2 Bataillone der malischen Armee ausbilden, sich aber nicht an Kampfhandlungen beteiligen. Die Ausbildung eines ersten Bataillons wurd im Juni 2013 abgeschlossen; ein zweites befindet sich in Ausbildung.
Beteiligung Österreichs:
An der EUTM Mission sind 450 Mann aus 22 EU-Länder und Norwegen beteiligt. Österreich stellt 10 Mann aus dem Sanitätsbereich, die in Koulikoro stationiert sind.